Bunkerabbruch in Köln

Firma Seggewiß knabbert sich durch dicke Wände

Seit Mitte März bricht die Firma Seggewiß unter der Leitung von Markus Gewers einen Hochbunker im Kölner Stadtteil Flittard ab. Das Gebäude soll dem Neubau von Eigentumswohnungen weichen. Der Bunker war aufgrund der geltenden Brandschutzbestimmungen schon seit ein paar Jahren nicht mehr nutzbar. Bauleiter Markus Gewers ist sich sicher: „Die Nachbarn werden sich freuen, wenn das Ding mal weg ist!“ Aber bis dahin wird der kleine Stadtteil Flittard noch eine Menge Baustellenverkehr und -lärm erdulden müssen. Mit rund 15.000 Tonnen Beton rechnet der Bauleiter von der Firma Seggewiß aus Stadtlohn, der zum Teil vor Ort gebrochen und wiederverwertet, zum größeren Teil aber abtransportiert und in der firmeneigenen Aufbereitung für den Weiterverkauf aufbereitet wird.

Drei bis vier Monate, plant er, dauert der gesamte Abbruch. Und der hat seine Tücken: der Bunker hat bis zu 2,70m dicke stahlbewehrte Decken und Wände, die mühsam mit der Abbruchzange und Stemmhammer auseinandergenommen werden müssen. Aber es ist bereits der dritte Bunker, den die Sauerländer Firma klein kriegt, und Markus Gewers weiß mittlerweile, wie es geht: „Wir haben das richtige Gerät, und dann müssen sich die Jungs da halt durchknabbern und durchbeißen!“ Das ganze Gebäude ist als L-förmiger Kubus über eine Fläche von 47 mal 42 Meter errichtet, an der breitesten Stelle misst er über 17 Meter. Es ist knapp 10 Meter hoch, und zum Schutz vor Bomben wurden die Bunkerdecke und die Außenwände aus stahlarmiertem Beton errichtet. Auch die Außenwände im Kellergeschoss sind verstärkt, um Druckwellen durch mögliche Bombentreffer im Erdreich stand halten zu können.

Lage des Bunkers sorgt für Probleme

Die andere Herausforderung: die Lage des Bunkers. Er liegt in einer engen Straße, die erst nach Durchfahrt des engen Flittarder Zentrums erreicht werden kann, die Zufahrtstraße selbst misst gerade 3,10 Meter. Wenn schweres Gerät angeliefert wird, muss die Einbahnstraßenregelung aufgehoben werden und die Anwohner müssen ihre Autos wegparken. Die Firma Markus Bau, die das Gelände vom Bundesamt für Immobilienaufgaben erworben hat, hatte deshalb auch die Anwohner über die auf sie zukommenden Belastungen informiert und für Verständnis geworben. Und die direkten Nachbarn, deren Haus an den Bunker angebaut ist, ziehen während der Bauarbeiten sogar auf Kosten des Bauunternehmers aus.

Der Bunker war im 2. Weltkrieg gebaut und 1943 fertig gestellt worden, er diente dem Schutz der Flittarder vor den zum Ende des Krieges hin immer häufigeren Luftangriffen der Alliierten. Rund um den Bunker wurde die Wohnbebauung dadurch auch größtenteils zerstört. Gerade wegen der Nähe zur Leverkusener Chemieproduktion, damals noch die IG Farben, wurde der Kölner Norden intensiv angegriffen.

Der Bunker ist anders nicht mehr nutzbar

Nach Ende des Krieges verfügte die Alliierte Militärregierung, dass der Bunker nicht mehr als solcher nutzbar sein dürfe und ließ ihn entfestigen. Dafür wurden in die Außenwände Fenster und Zugänge gesprengt. Er diente dann zunächst als Notunterkunft für obdachlos gewordene Anwohner, später wurde das dreistöckige Gebäude zum Teil als Wohnraum genutzt, zum größeren Teil aber als Lager, zur Pilzzucht, für Versammlungen des Schützenvereins und eines Karnevalsvereins, für Bands als Probenraum und als Atelier für Künstler.
Noch bis 1982 wurde die mögliche Nutzung des Bunkers für den Zivilschutz offengehalten, danach konnte er für andere Nutzungen verändert werden. Aber die verschärften Brandschutzbestimmungen machten es seit 2013 unmöglich, das Gebäude vollständig und sinnvoll zu nutzen – es stand weitestgehend leer.

Moderner Wohnraum statt Bunkercharme

Jetzt sollen dort 30 Eigentumswohnungen mit Tiefgarage entstehen, aber zuvor muss der Bunker eben weg: Markus Gewers hat seit über einem Jahr die Planung für den Abbruch ausgearbeitet. Zunächst musste das Nachbarhaus abgetrennt werden, dafür ist sein 6-köpfiges Team mit einer rund 75.000 Euro teuren Diamantseilsäge angerückt. Mit der wird zunächst ein 30 cm breiter Trennschnitt ins Mauerwerk gesägt, das ans Nachbarhaus angrenzt. Diese Mauerschnitte wird dann ein 100 Tonnen Raupenkran rausheben. Von dort aus greift dann der Abbruchbagger an und bricht dort eine Einfahrt für die Baufahrzeuge durch. Denn die bisherige Zufahrt wird mit einem 10 Meter hohen Schutzgerüst zugestellt, um die Anwohner vor Dreck, Staub und Lärm zu schützen. Das Schutzgerüst wird dafür zusätzlich mit Dämmplatten versehen.
Die zwei 60 Tonnen Abbruchbagger, die seit Mai im Einsatz sind, brechen dann das Gebäude von links nach rechts vom Innenhof aus ab. Damit die Anwohner links des Gebäudes geschützt werden, werden dort noch 3 Seecontainer in doppelter Höhe gestapelt.

Eine Herausforderung ist der Keller des Gebäudes: es müssen noch Stahlträger in den Boden gerammt werden, um ein Abrutschen der Straße zu verhindern. Und Markus Gewers hofft, dass die Pläne von vor über 80 Jahren, die er bei der Recherche im Internet gefunden hatte, stimmen und unter dem Keller nicht noch eine Überraschung auf sie wartet.

Um zu vermeiden, dass Nachbargebäude Schaden nehmen könnten, stellt Seggewiß Messgeräte auf, die mögliche Erschütterungen registrieren: wenn die vorkommen sollten, müssen die Arbeiten verändert werden.
Einen Vorteil hat das alte Gebäude: es gibt keine Schadstoffprobleme. Die Entkernung war schnell und reibungslos, erzählt Gewers, es waren vor allem alte Schallschutzmatten und etwas Dämmung zu entfernen. Und beim Abbruch selbst „erntet“ Seggewiß im Bunker aller Voraussicht nach nur reinen Stahlbeton, der gut wieder zu verwenden ist.
Geplant ist, einen Teil des Betons direkt vor Ort mit einem Brecher so aufzubereiten, dass er als Tragschicht fürs neue Kellergeschoss eingebaut werden kann. Der größte Teil wird aber aller Voraussicht nach abtransportiert und vermarktet. Je nach Güte des Betons wird er auch im Hochbau wieder eingesetzt werden können.